Bei den Strohmenschen - Projektbeschreibung
Prämisse: Ideologie ist ein Spiel gegen sich selbst, dessen Trophäe der ultimative Preis ist.
Stichworte/Themenfeld: Identität, Ideologie, Pathologie, Postmodernismus, Mythos, Sinnbild, Parabel, Chiffre, Archetyp, Traum, Traumbild, Unbewusstes, Unterbewusstes, Tiefenpsychologie, Surrealismus, Impression, Religion, Sinn, Kulturkampf, Neurose, Obsession, Gesellschaft, Suche, Entfremdung, Schizophrenie, Absurdismus, Wahn, Extremismus, Sozialismus, Kommunismus, Faschismus, Kulturmarxismus, Maskulismus, Feminismus, Fanatismus, Paranoia, Fiktion, Fantasy, Krieg, Jesus, Gott, Teufel
Pitch: Eine Allegorie der Radikalisierung
Zynisch. Pathetisch. Toxisch.
P. hat seine Welt verloren. Folge ihm auf einer Reise durch seine schlimmsten Albträume, geprägt von rätselhaften, unbewussten Projektionen, pathetischen Impressionen, surrealer Mystik und archetypischen Obsessionen - ein theatralischer Pfad, auf dem er nichts Geringeres sucht als Erlösung und sich selbst. Doch wo es ihn auch hinzieht, er findet sich dort doch stets mit denselben toxischen Charakteren an demselben, unheilvollen Ort wieder, der ihm zur Verheißung wird und einen Kreis bildet, der sich langsam schließt. Wie eine Schlinge um seinen Hals, um sein Herz, um alles, was ihm noch bleibt in einem Spiel auf Leben und Tod, dass jeder kennt, doch dessen Regeln scheinbar eine dunkle Kunst bestimmt. Denn im Hintergrund wirken Mächte die kaum (be)greifbar sind, Erfahrungen, alt wie diese Welt, die der individuellen Sicht des pathetischen Antihelden nur spotten können und ihn einen mit Allen, die seine unheilvolle Sehnsucht führt, welche letztlich ist die Suche nach Gott. Dabei teilen seine Gefährten, die ihm Freund und Feind zugleich sind, ein zentrales Merkmal mit ihm: Sie alle beschreiten den Weg einäugig, was zu einer zynisch verklärten Weltsicht führt.
Schnell wird ihm klar, er muss bezahlen und so geht er, häufig ohne sich eigentlich zu bewegen, immer noch einen Schritt weiter, um zu bekommen, was der Teufel ihm verspricht und schließlich der Feind zu werden, als den ihn seine Häscher so gerne sehen wollen. Ein Motiv, das er mit ihnen teilt und mit all jenen, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht haben zu jenem utopischen Ort in der Wüste am Rande der Welt, der Befreiung verspricht, an dem es aber letztlich weder Hoffnung noch Erlösung gibt.
<<Bei den Strohmenschen>> verbindet auf kryptische Weise aktuelle politische Ereignisse mit zeitlosen Archetypen mythologischer Motive. Diese Dystopie reflektiert auch die Aggressivität (anti-)sozialer Netzwerke und vermittelt den Duktus der Demagogie sich radikalisierender Positionen eines kulturellen Konflikts.
Personenliste:
Anmerkung: Der zentrale Konflikt dreht sich um die Auseinandersetzung des Protagonisten mit sich selbst und seinen Dämonen, allen voran im faustischen Sinne verkörpert durch den Teufel. Alle weiteren Figuren erfüllen Funktionen als Teil seiner Welt.
- P.: Klischee, Protagonist und Ich-Erzähler. Ihm fehlt das Selbstbewusstsein, die Souveränität und die Privilegien der patriarchalischen Strohmänner, als die er verkauft wird. Bisweilen verbittert und zynisch darüber, sucht er nach einer neuen Identität und den entsprechenden Motiven. Sein Weg ist von Unheil überschattet, denn er unterschätzt den Teufel, seinen wahren Gegner, und ist damit nicht alleine. Wer kann ihm vergeben? Wer kann ihn befreien?
- Der Teufel/Mephisto: Seine Motive sind althergebracht. Der Teufel will den Menschen seiner Unschuld berauben. In jeder Gestalt, die er opportunistisch annimmt seine toxischste Form. P. stellt fest: „Man kann von ihm erwarten stets das bösartigste denkbare Auftreten zu wählen. Eine Verlässlichkeit, die durchaus Vertrauen schafft...“
- Satan/Luzifer: Externalisierte Repräsentation des Bösen und ultimative Bestie, die als Hommage auf Dantes Inferno im tiefsten Kreis der Hölle die Verräter Gottes martert – für immer. Entgegen gängiger Vorstellungen ist der Satan ein Hermaphrodit, der Ähnlichkeiten mit der indischen Gottheit Kali aufweist und das Wesen des Yin und Yang mit sich führt.
- Jesus Christus: Ist er der Messias, Erlöser der Menschheit oder ein obdachloser Alkoholiker, dem alles egal ist?
- Die Göttin: kaltblütig, hochmütig, arrogant und selbstgefällig. Fungiert als feministischer bzw. toxisch weiblicher Prototyp und tritt auch als Nemesis, als Agentin und in Form namenloser Frauen, die dem Protagonisten in den verfluchten Städten begegnen in Erscheinung.
- Ronny: rechts-konservativ, intellektuell, erfolgreich, bodenständig, idealistisch, optimistisch, gläubig. Er ist jung und macht einen soliden Eindruck. Er erklärt, warum man den Teufel nicht so einfach verbannen kann und eröffnet P. eine politisch rechte Perspektive.
- Emma: Links-progressive Feministin, die sehr alternativ aber gepflegt auftritt. Ihr rebellischer Geist wirkt neben ihrem Äußeren anziehend auf P. Sie vertritt ein typisch postmodernes, sozialkonstruktivistisches Weltbild und ist politisch sehr engagiert.
- Kronos: Tritt ungepflegt und pseudoalternativ auf. Unterwürfig Frauen gegenüber. Konformistisch und rückgratlos gegenüber gesellschaftlichen Normen und Dogmen. Aber abgesehen von diesen Charakterschwächen empfindet P. ihn als sympathischen Zeitgenossen, da er gebildet und zuvorkommend ist und gemeinsame Interessen (Schach und Technik) pflegt.
- Kronos Zwilling: Kronos hat einen psychopathischen, schwer drogenabhängigen Zwillingsbruder bzw. tritt er auch so in Erscheinung.
- Gaia: Gaia ist Kronos Freundin und sieht aus wie eine weibliche Form von ihm. Selbstbestimmt und herrisch. Sie eröffnet P. eine politisch linke Perspektive.
- Benjamin: Groß, dick, schüchtern und unbeholfen. Freund und zukünftiger Arbeitskollege von Kronos
- Matthias: Naiver Informatiker, ein weiterer Freund von Kronos
- Sahar: Überaus attraktive und intelligente Perserin. Dazu authentisch unangepasst: Eine Fremde, nicht nur in der Welt der Zyklopen. Sie durchschaut Mephistos gefährliches Spiel und kann sich ihm entziehen.
- Aysan: Sahars Zwillingsschwester, oder sieht zumindest so aus. Unecht, manipulativ und heuchlerisch. In jeder Hinsicht überprivilegiert, inszeniert sie sich mit ihrer Identität als Opfer. Meisterhaft spielt sie das Spiel des Mephisto.
- Dina: P. beobachtet: „Dina schweigt viel. Sie schweigt eigentlich nur“. Im Gegensatz zu anderen, die sich als Opfer inszenieren, sind Dina tatsächlich schlimme Dinge widerfahren, die nicht nur durch ihren biblischen Namen impliziert, aber nicht ausgeführt werden.
- Sichem: Dinas Ex-Freund. Gerät durch seine Abhängigkeit von Mephistos Gift in einen buchstäblichen Teufelskreis aus Elend und Sucht, der ihn auf beeindruckend erbarmungslose Weise das Leben kostet.
- Ibrahim: Konservativer Moslem und Betreiber des Atlas Imbiss
- Iblis: Abtrünniger Verwandter Ibrahims und Vertreter einer neuen Generation. Aggressiv und respektlos.
- Arne: Frustriert, wütend, zynisch, aber reserviert. Arne ist schätzungsweise Mitte vierzig und Vater von zwei Kindern, die ihm von seiner Ex-Frau weggenommen wurden. Er kann damit nicht umgehen.
- Abel: links, progressiv, erfolgreich, idealistisch und optimistisch aber egozentrisch.
- Rüdiger: gruseliger, rechtsradikaler, reaktionärer, verschwörungsideologischer, antisemitischer Greis.
- Alexej: schlaksiger Russe, Handwerker, Mitglied der alternativen Rechten.
- Prof. Dr. Arges: Maskulistischer Referent, Vertreter des Biologismus.
- Charon: Chauffeur des Protagonisten und aller, die seinen Weg gehen. Fährt rasant und berauscht. Bringt seine Gäste notfalls auch gegen deren Willen an die Destinationen ihres Schicksals.
- Moses: Prophetenvater und schweigsamer Barkeeper.
- Die Zyklopen: Symbolische Figuren repräsentieren eine eindimensionale Betrachtung der Welt, die zu einer dysfunktionalen Auffassung der Realität führt (das 1x1 der Ideologie).
- Blaue und rote Gestalten: Unbekannte Mitläufer eines Mobs repräsentieren linke (blaue) und rechte (rote) Anhänger eines polarisierenden Kulturkonflikts, wobei die Farbgebung nicht willkürlich der politischen Intuition widerspricht.
Exposé: Die surrealen Albträume des P. im Bann postmoderner Pathologien
Überwältigt von der Vision einer mystischen Wiedergeburt, beginnt der Protagonist (im Folgenden mit P. abgekürzt) seine Reise am Bahnhof Eden, wo er seinen ersten Strohmann trifft: Jesus Christus, den Messias höchstpersönlich. Doch der ist nur ein obdachloser Alkoholiker ohne Zukunftsperspektive. Zumindest scheint es ihm zunächst so, denn es fällt ihm schwer, das Echte von der raffinierten Fälschung (oder umgekehrt) zu unterscheiden, denn seine Perspektive ist durch Einseitigkeit eingeschränkt - ein entscheidender Makel, der sich im Laufe seiner Reise immer mehr verfestigt und der in mehr oder weniger ausgeprägter Form auch allen Figuren seines Mikrokosmos anhaftet. Ein rätselhafter Alptraum offenbart ihm die Spaltung der Welt in zwei Fraktionen, deren Mitglieder ein gemeinsames Schicksal teilen: Sie sind aufgrund ihres Makels nicht in der Lage, den vor ihnen in den Himmel ragenden Weltenbaum zu erklimmen und dazu verdammt, ihr Dasein gemeinsam in einer trostlosen, von Neid geplagten Existenz zu fristen. In einer solchen Welt sind Konflikte vorprogrammiert und die Dinge, die ihm dabei widerfahren, sind schrecklich. Jedenfalls bildet er sich das ein, und die Einbildung ist die entscheidende Macht in der albtraumhaften Sphäre, in der er sich bewegt und die während der ganzen Reise implizit die Ebene des Unbewussten nicht verlässt und somit die nebulöse Verwirklichung einer grotesken Innenwelt darstellt.
P. fühlt sich getrieben. Seine Existenz wird zu einem Klischee, dem nur ein Strohmann entsprechen kann. In seiner Welt ist er nicht mehr erwünscht. Dunkle Ahnungen und Ängste vor Kontrollverlust und Ohnmacht prägen seinen Weg. Er kennt die neuen Regeln nicht. Er weiß nicht, wer er ist. Er weiß nicht, wer für und wer gegen ihn ist. Und, vielleicht am wichtigsten, er weiß nicht, wer sein Gott ist. Und doch ist seine Erfahrung nicht neu, denn tief in ihm steckt die Erinnerung an universelle Muster und Erfahrungen der Menschheit, die sich ihm in kryptischen Visionen offenbaren. Auf der Suche nach seiner Identität in der neuen Welt begibt er sich auf eine seltsame Reise, die sich in drei Teile gliedert:
Teil 1: Mars und Venus in Babylon
Der erste Teil dreht sich um das zentrale Identitätsmerkmal des Geschlechts und so macht sich der Protagonist auf den Weg zu jenen Zyklopen, die ihre Blicke auf sich selbst richten. In einem seiner zahlreichen Alpträume begegnet ihm der weibliche Archetyp in Gestalt einer feministischen Göttin. Diese verhält sich ihm gegenüber arrogant, kalt und feindselig. In einem kafkaesken Prozess verkehrt sie die männlichen Tugenden ins Negative und verbannt ihn aus dem Paradies.
Als er in einem Zugabteil erwacht, befindet er sich auf dem Weg zu einem Pick-Up-Seminar im Zentrum Babylons. Dort angekommen, begegnet er vor der Tür zum ersten Mal Mephisto, dem faustischen Teufel, dessen Motiv und Funktion als ultimativer Gegenspieler offensichtlich ist und der in seiner Erscheinung Jesus auf abstruse Weise ähnelt. Dieser versucht zunächst, ihm die biologistische These von den Alphamännern näher zu bringen, stößt aber auf Skepsis. Im Rahmen des Seminars versucht der Protagonist, mehrere Frauen abzuschleppen, was er theatralisch als mystisches Erlebnis inszeniert. Er scheitert kläglich. Im Nachhinein erkennt er den hintergründigen Kampf um Anerkennung und Macht, der auf einen tiefen existentiellen Konflikt zurückgeht.
Der Fährmann Charon bringt ihn zu einem Männerrechtskongress, wo er erneut auf Mephisto trifft, der ihm diesmal die These von der männlichen Überlegenheit zu präsentieren versucht, aber auch damit zunächst scheitert. Auf dem Kongress werden gesellschaftliche Dynamiken so dargestellt, dass Männer als verachtet und unterdrückt erscheinen, was für P. sehr eingängig ist. Vor der Tür findet eine Gegendemonstration statt, was ihn sehr befremdet und zu zynischen Bemerkungen verleitet.
Charon nimmt ihn mit zum ideologischen Gegenstück, einem feministischen Kongress, an dem er widerwillig teilnimmt. Er lernt Emma kennen, die in ihm ungeahnte, aber hoffnungslose Gefühle weckt und ihm hilft, die Fatalität des Konflikts zu begreifen. Er empfindet Sympathie für ihre Haltung, die der seinen ähnelt, lehnt aber ihre sozialkonstruktivistische und feministische Ideologie ab. Schließlich verlässt er den Veranstaltungsort und trifft sich vor dem Gebäude mit Mephista, die einem ungepflegten Klischee entspricht, um mit ihr eine Diskussion zu beginnen. Es stellt sich heraus, dass er nicht gewinnen kann, da ihre Positionen durch Dogmen geschützt sind. Trotz der Gelegenheit ihn von ihren Anhängern jagen zu lassen, verschont sie ihn und vermittelt ihm noch deutlich, Gefallen an seiner schonungslosen Rebellion zu finden.
Mit der S-Bahn fährt er zurück ins Zentrum. In einem kryptischen Albtraum durchlebt er Endzeitvisionen und eine verklärte Kastrationsangst, in der sich die Bedrohung in einer weiblichen Figur personifiziert, die ihn jagt und in eine Ecke drängt. In der Stadt versinnbildlichen sich verschiedene gesellschaftliche Pathologien, die den Geschlechterkonflikt befeuern und auszuweiten suchen: Im Rotlichtviertel werden Huren entweder als Heilige oder als Opferfiguren glorifiziert. Auf einer vorbeiziehenden Gayparade können die Homosexuellen ihre Sexualität offen ausleben, was ihm, wie es das Kinoprogramm suggeriert statusbedingt nicht vergönnt sei. In einem arabischen Imbiss trifft er auf narzisstische Hipster, die ihr weibliches Abbild suchen und verschiedene toxische Männer, die Frauen sexistische Avancen machen. Durch die Figuren Ibrahim, Imbissbetreiber und konservativer Moslem zu dem der Protagonist eine Verbindung spürt und Iblis, implizit ein jüngerer Verwandter von ihm, der eine Frau in äußerst abtrünniger Weise belästigt werden religiöse und generationsbedingte Konflikte als Nebenschauplätze des zentralen Konflikts angedeutet. Als er auf Jean-Paul Sartre trifft, hinter dessen Gesicht sich Jean-Jacques Rousseau verbirgt, schlägt er ihn, was eine polemische Abwertung der mit Sozialismus und Postmoderne verquickten Philosophie symbolisiert.
In einer Buchhandlung lernt er zufällig Kronos kennen, der ihm zuvor durch seine unterwürfige Buhlerei um eine der toxischen weiblichen Figuren negativ aufgefallen ist, sich aber als eigentlich sympathisch entpuppt. Mit ihm geht er in einen Club feiern, wo er erneut auf den Teufel trifft, der ihm ein Taschenspiel vorschlägt, auf das er sich trotz seiner Zweifel einlässt. Er unterschätzt die Gefahr seiner Situation und ignoriert eine Warnung, die ihm von der weiblichen Opferfigur Dina in Form einer Tarotkarte übermittelt wird. Fluchtartig verlässt er die Stadt. Ein weiterer Albtraum führt ihn zurück an den Fuß der Weltenesche und zeigt ihm die polarisierende Wirkung des schleichenden luziferischen Giftes und dessen utopisches Element. Die verborgenen Motive reflektiert er nicht.
Teil 2: Gaia und Uranos in Sodom und Gomorra
Im zweiten Teil liegt der Fokus auf dem ganzheitlichen Kulturkonflikt und den damit einhergehenden politischen Lagern, die zunehmend nach Vereinnahmung und Konformität streben. Der Druck der sich selbst erfüllenden Prophezeiungen nimmt zu.
P. wird von Ronny, einem Teilnehmer des Männerrechtskongress, der sich vor ihm als Rechter outet zu einem Forum der alternativen Rechten eingeladen, worauf er zunächst zynisch reagiert, sich aber schließlich doch überzeugen lässt. Er wird von Charon zu Hause abgeholt, der ihn vor Mephisto warnt, indem er ihm anhand des Schicksals eines Bekannten vor Augen führt, dass das Spiel mit dem Teufel tödliche Konsequenzen haben kann, aber P. wägt sich nicht in dieser Gefahr. Am Ort des Geschehens steht Mephisto wieder vor der Tür, diesmal als faschistischer Prototyp. Peinlich berührt erklärt ihm Ronny den Grund, warum sie den Teufel zwar ächten, aber nicht vertreiben können: Er hat die Macht, bei Bedarf mächtige Möglichkeiten zu eröffnen. Wer sich ihm widersetzt, dem droht Ohnmacht und damit eine schreckliche Perspektive, die genau in die Ängste des Protagonisten hineinspielt, die ihn ständig begleiten.
Die Teilnehmer der Veranstaltung sind zu seiner Überraschung im Kontrast zur rassischen Erwartungshaltung sehr divers aufgestellt. Er lernt Sahar kennen, eine Perserin, die über Gefahren des islamistischen Fundamentalismus referieren will, aber entscheidet das Forum frühzeitig zu verlassen, um ideologischem Missbrauch zu entgehen. Durch ihre persönliche, von Aufstand und Ausgrenzung gezeichnete Geschichte fühlt er sich ihr verbunden, obwohl sie aus einer anderen Welt stammt. Mit dem Antisemiten Rüdiger, der ihm auf der Toilette nachstellt, ersinnt er oberflächliche Ähnlichkeiten. Schließlich verlässt auch der Protagonist vorzeitig die Veranstaltung.
Vor der Tür findet wieder eine Gegendemonstration statt. Dort sieht er von weitem, wie sich der Teufel in neuem Gewand gerade daran versucht Emma zu verführen. Er will ihn aufhalten, wird aber von einer Demonstrantin erkannt und geoutet, sodass er fliehen muss. Um zu entkommen, springt er in ein Taxi, das von Kronos gelenkt wird, der sich als Fahrer verdingen muss, um die Rechnungen seiner Freundin zu bezahlen. Sie fahren wieder in einen Club in der Stadt. Dort vergiftet Mephisto als Dealer die Jugend mit einer gefährlichen Modedroge, zu deren Konsum P. sich schließlich auch hinreißen lässt. Er rechtfertigt dies mit der Notwendigkeit auf diese Weise Mephistos Spiel zu durchschauen, um ihn schlagen zu können. Die resultierende Vision ist eine gesegnete Welt, in der es keine Zweifel und keinen Platz für Ungläubige mehr gibt. Doch der Teufel will ihn nicht als Konsumenten, sondern als Dealer rekrutieren und warnt ihn selbst vor dem Konsum. P. nimmt seine paternalistischen Mahnungen nicht ernst. Als er aus seinem tiefen Rausch wieder erwacht, reicht ihm Jesus die Hand, aber er schlägt dessen Hilfe aus.
An seinem Arbeitsplatz wird ihm eine neue Kollegin vorgestellt, die ihn unangenehm an die weiblichen Gestalten aus seinen Albträumen erinnert und bei der er ideologische Seminare besuchen soll. In einem Telefongespräch beschuldigt er Mephisto, dahinter zu stecken, was dieser nicht bestreitet. Stattdessen ermutigt er ihn, sich seinem unausweichlichen Schicksal zu stellen und von seiner neuen Widersacherin zu lernen. Durch sein Handy abgelenkt, steigt er in den falschen Zug, der ihn, seinem Schicksal folgend, zu einer linken Veranstaltung bringt, zu der ihn Kronos Freundin Gaia eingeladen hat.
Auf dem Weg dorthin begegnet er Visionen einer dystopischen Welt biblischen Ausmaßes. Vor dem Veranstaltungsgebäude erscheint der Teufel, schlecht als Frau verkleidet, verspottet ihn und fordert ihn auf, endlich sein Spiel zu spielen, das ihm Befreiung verspricht. Trotz aller Beteuerungen lässt er sich immer wieder darauf ein. Mephisto demonstriert seine Macht, indem er zeigt, wie sehr er seine Position verändern kann, ohne seine Anhänger zu verlieren. Er entpuppt sich als Faschist, aber auch seine linken Anhänger bleiben ihm blind ergeben. In der Rolle des Rattenfängers entführt er eine besinnungslose Menge, der sich auch Gaia anschließt. Er kündigt an, Jesus seiner eigenen Verbrechen anzuklagen.
Teil 3: Folge mir nicht!
Entsprechend der Natur ideologischer Glaubenssysteme kann die Reise nur ein Ziel haben, was dem mythischen Determinismus von Anfang an innewohnt und sich im dritten Teil ultimativ manifestiert.
Auf seinem Weg aus der Stadt hinaus wird der Protagonist von Mephisto begleitet, der ihm immer wieder den Eifer der luziferischen Rebellion zu vermitteln versucht. Mit einem Trick gelingt es ihm, P. bei einer Partie Schach dazu zu bringen, sein verderbtes Spiel mitzuspielen, was buchstäblich einem ‚game changer‘ gleichkommt, auf den der Teufel von nun an zurückgreifen kann. Er begegnet verschiedenen chiffrierten Aspekten kultureller und ideologischer Zerwürfnisse: Einem Vertreter, der ihn mit Kollektivschuld konfrontiert und sich als umgekehrter Thrasymachos entpuppt, der die Perversion des Gerechtigkeitsbegriffs symbolisiert, Wichsern, die stets bemüht sind, jedes Unglück ideologisch zu vereinnahmen und demagogisch zu missbrauchen, dem Zeugen von Dunning und Kruger, der seinen totalitären und religiösen Herrschaftsanspruch mit seiner Weisheit und das Joch seiner Feinde mit deren Dummheit rechtfertigt, Nebelgeister, die je nach Blickwinkel als asketische Mönche oder blutige Rächer erscheinen und den Fanatismus symbolisieren. Vor den Mauern der Stadt begegnet er auch wieder Kronos, der sich in einem Rausch von Selbsthass und Komplexen selbst erniedrigt und geißelt, und der Göttin, die am luziferischen Gift zugrunde geht. Sie gibt P. die Schuld an ihrem Untergang und beteuert die Alternativlosigkeit ihres Handelns, das den Teufel einbezieht, um der Ohnmacht zu entgehen.
In einer Bar begegnet P. den falschen Propheten und ihren miteinander austauschbaren Motiven und Feindbildern, die den universelle Algorithmus der Ideologien offenbaren, der an den moseischen Bibelmythos angelehnt ist. Er wird zu Rachsucht angestachelt und als Henker auserwählt, um den Teufel zu richten. Auf einem Schafott in der Mitte des Platzes, der all die Plätze, die er aufsucht repräsentiert findet er Mephisto, mit einem Sack über dem Kopf unkenntlich gemacht auf dem Scheiterhaufen vor. Blind vor Hass vollstreckt er das Urteil des von den Propheten aufgehetzten tobenden Pöbels, doch als er sich schließlich noch einmal umsieht erkennt er, dass es Jesus ist, den er in Brand gesetzt hat und trotz aller verzweifelter Versuche nicht mehr retten kann.
Aus dem Albtraum erwacht beginnt P. einen ganz normalen Arbeitstag. Er wird von seinem obersten Chef ins Büro beordert, der ihm seinen Umgang mit Mephisto vorwirft und Beweise vorlegt, an P’s Verteidigung aber kein Interesse hat. Er entlässt ihn, vorgeblich um den Ruf des Unternehmens zu schützen. P. sieht in der Situation zunächst eine Perspektive um dem bösartigen Spiel zu entgehen und stellt sich vor, sich seinem Schicksal zu entziehen. Die Illusion und damit das kurze retardierende Moment werden gebrochen, als Greta Thunberg ihn mit ihren anmaßenden Belehrungen konfrontiert. Mit Vollgas fährt er auf die Autobahn Richtung Hölle, die auch von den anderen Ideologen befahren wird. Er trifft noch einmal auf Jesus und schlägt ihn krass. Das Finale beginnt.
Bei einem letzten Treffen belehrt ihn Mephisto noch einmal, wie er spielen muss, um zu gewinnen: Grausam, zynisch, unfair, korrupt und voller Doppelmoral. Er fährt zur Hölle, die in der Wüste am Rande der Welt liegt und trifft dort auf den Satan, der ein Hermaphrodit ist, der ihn an die indische Göttin Kali erinnert und dessen Anblick die mythische Vision eines ewigen, aber bedrohten Gleichgewichts auslöst. Der zögert zunächst, aber als er erkennt, dass P. noch Unschuld, die einzige akzeptierte Währung, in sich trägt besiegelt er den Handel und verbrennt ihn im Wüstensand. Der Satan zieht weiter und am Ort der Verbrennung erscheint Moloch, um in einem satanischen Ritual die Kinder zu opfern, die ihm aus den Städten, die P. hinter sich gebracht hat willenlos zugeführt werden. Von Aurora, der Morgenröte, wird P. aus der Asche emporgehoben, was einem kaum erschöpflichen Sinnbild entspricht. Da er allerdings nicht allein aufsteigt ist seine Potenz die Sonne zu erreichen gehemmt und er wird mit den anderen Reinkarnationen durch die innere Zerrissenheit des erzwungenen Kollektivs in die Städte getrieben, die in Flammen aufgehen, was das Schicksal der Utopie symbolisiert.
Erschüttert von diesem Alptraum erwacht P. zusammengekrümmt neben seinem Bett. Er zieht sich an und macht sich auf den Weg zu einer nicht näher bezeichneten Wahl, bei der er seine Stimme abgeben will, obwohl er nicht an eine politische Lösung glaubt. In der Wahlkabine trifft er auf Charon, der ihm den Pik-König überreicht. Er erleidet einen Herzinfarkt, den er überlebt, und erwacht nach einem letzten Albtraum, der ihm noch einmal die schrecklichen Folgen einer eindimensionalen Sichtweise vor Augen führt, in einem Krankenhausbett. Das Ende deutet eine mögliche Lösung der eindimensionalen Gleichung (1x1) der Ideologien an, bleibt aber offen.
Hintergrund
Hintergründig geht es in „Bei den Strohmenschen“ zunächst um pathologisierte Männlichkeit und infantiles Pathos, aber auch um die Anziehungskraft und die Gefahr, die von Ideologien als Mittel zur Kompensation negativer Gefühle im Allgemeinen ausgeht. Darüber hinaus wird die Postmoderne als eine Epoche thematisiert, in der Fragen nach Wirklichkeit und Identität zu neuen Lebenskrisen führen und alte Motive in neuem Gewand reproduziert werden. Auch die damit verbundenen Philosophien werden berührt, allerdings in einer spöttischen und nur teilweise konstruktiven Auseinandersetzung. Damit einher geht auch die in zahlreichen Mythen als göttlicher Konflikt beschriebene, oft mit tiefenpsychologischen Komplexen aufgeladene Frage nach Sinn und Zerrissenheit im Zentrum zentraler Menschheitsfragen, die letztlich die Grundlage nicht nur moderner Ideologien, sondern aller Glaubenssysteme seit jeher bilden und an die Wurzel der menschlichen Existenz selbst rühren. Weitere Motive sind gesellschaftliche Spaltungen, Polarisierungseffekte und daraus resultierende Kulturkonflikte in ihren vielfältigen Facetten.
Einordnung und Zielgruppe
Die Kategorisierung als Dystopie folgt der wortwörtlichen Interpretation, nämlich als einen schlechten Ort, der im Zentrum der Auseinandersetzung liegt, an den der Protagonist immer wieder zurückkehrt und der eine radikalisierte bzw. ideologisierte Denkweise symbolisiert und somit metaphorisch einen Ort der Gefangenschaft darstellt. Literarisch ist die Dystopie dem Genre ScFi untergeordnet und beschreibt somit eigentlich ein Zukunftsszenario, was dem vorliegenden Werk nicht genau entspricht, das vielmehr durch ein Traumszenario unterbewusste Gefühle und Komplexe ausdrücken und Missstände symbolisieren soll. Die Erzählung bewegt sich vollständig auf der Metaebene und verzichtet auf eine geschlossene Erzählung mit entsprechender Struktur.
<<Bei den Strohmenschen>> richtet sich an junge Intellektuelle, die die Fabel des Symbolischen und Rätselhaften teilen. Zielgruppe sind Leser, die sich intensiv mit dem politischen Zeitgeschehen und Ideologien auseinandersetzen und sich nicht scheuen, sich mit den tiefenpsychologischen Zügen pathologischer Denk- und Glaubenssysteme auseinanderzusetzen, die ihre Zeit bewegen. Zur vollständigen Dechiffrierung ist die Kenntnis gängiger mythologischer bzw. eschatologischer Motive, klassischer und moderner Ideologien sowie aktueller politischer Online- und Popkultur notwendig.
Vorwort zur Entstehung
Mit den letzten Zeilen beende ich eine lange und aufschlussreiche Reise, die bereits im Jahr 2017 begann. Genaugenommen waren es sogar drei Reisen: Eine literarische, eine virtuelle und eine ganz reale durch die echte Welt. Dabei war die erkenntnisreichste wohl Letztere, während die zweite rückblickend zu großen Teilen als starke Verzerrung der Realität beschrieben werden kann. Die Menschen, die ich auf zahlreichen brisanten Veranstaltungen treffen und kennenlernen durfte waren aus Fleisch und Blut. Diejenigen, von denen sie mir berichteten, waren es allzu häufig nicht, was vor allem, aber nicht ausschließlich dann zu äußerst grotesken Zuschreibungen führt, wenn sich die Gruppen gegenseitig als Feindbild auserkoren hatten. Bei zahlreichen Gesprächen mit interessanten Persönlichkeiten, kam ich letztendlich auf den Gedanken, dass es gar nicht so interessant ist, was die Menschen denken oder sagen. Die meisten sind ohnehin nicht besonders gut in diesen Dingen, wobei das weder abwertend zu verstehen ist, noch ich mich selbst dabei ausnehmen kann. Viel interessanter ist nämlich, was die Menschen glauben und wie sie diese Glaubenssätze entwickeln, die im Kern viel mehr von abstrakten Ideen abhängen, als von tatsächlichen Erkenntnissen, und die sie als Dogmen in sich tragen, als sei es ihr sehnlichster Wunsch Konflikte zu erzeugen, die eigentlich keinen direkten externen Ursprung zu haben scheinen. Diesen Mechanismen wollte ich schließlich unbedingt irgendwie auf die Spur kommen, da sie mir aus meiner eigenen Gedankenwelt, das heißt aus eigenem Hang dazu, auf diese Weise zu denken nur allzu bekannt vorkamen. Dadurch öffnete sich sprichwörtlich die Büchse der Pandora. Denn der Konflikt scheint vielmehr ein Innerer zu sein, der projiziert wird, wo auch immer er eine geeignete Fläche dafür findet und wodurch das hintergründige und letztlich entscheidende Geschehen sich weniger um die eigentlichen Streitthemen, als vielmehr um unbewusste Reflexe, unterbewusste Komplexe und archetypische Vorstellungen dreht, die in gewissem Umfang universell sind und je nach Charakter, äußeren Einflüssen und Entwicklungsstand der Persönlichkeit in den Individuen unterschiedlich ausgeprägt sind. Auf diese Weise stellen, wie sich schließlich in der Folge feststellen lässt, Religion, Kult, Mythos, Esoterik und Ideologie in erster Linie das Kontinuum einer psychischen Realität dar, die heute in postmoderner Manier als Aberglaube geleugnet wird, während die Realität selbst als grundsätzlich subjektiv beschrieben wird. Folgen sind systematische Fehler, die zu einer sich selbst verstärkenden einseitigen Weltsicht führen und gleichzeitig ein schizophrenes Verhältnis zur Realität erzeugen, bei der sich im äußersten Fall Nihilismus und Fanatismus in einer zerrissenen Seele vereinigen können.
Nitzsche hat die Ideologien nicht umsonst als die Nachfolger der Religionen identifiziert und C. G. Jung drückte diese, durch die menschliche Psyche bedingte Universalität folgendermaßen aus: „Es kann einer in guten Treuen der Überzeugung sein, daß er keine religiösen Ideen habe. Aber niemand kann dermaßen aus der Menschheit herausfallen, daß er keine dominierende représentation collective mehr hätte. Gerade sein Materialismus, Atheismus, Kommunismus, Sozialismus, Liberalismus, Intellektualismus, Existenzialismus, usw., zeugt gegen seine Harmlosigkeit. Er ist irgendwo so oder so, laut oder leise, von einer übergeordneten Idee besessen.“
Diese tiefenpsychologischen Phänomene sind schwer greifbar und lassen sich niemals direkt trefflich beschreiben, wodurch man sich ihnen nur durch Andeutungen und Vergleiche nähern kann. Denn die Welt des Unbewussten ist letztlich eine Welt der kryptischen Botschaften mit schizophrenem Charakter und mythischen Zügen, die einen Verdrängungsprozess darstellt und am Zentrum menschlicher Zerwürfnisse an sich rührt.
Wenn ich den Leser in diesem Buch also mit abgehobenen Chiffren, kryptischen Symbolen und surrealen Versinnbildlichung herausfordere, dann tue ich das nicht nur (aber auch), um auf diese Weise meinem Faible für diese Dinge gerecht zu werden oder intellektuelle Posen zu vollziehen, sondern weil es mir schlichtweg nicht anders gelingen mag. Darüber hinaus besteht auf diese Weise zumindest die Chance, etwas literarisch Ansprechendes zu erzeugen.
Deshalb ist das auf zahlreichen Umwegen entstandene Ergebnis kein Sammelsurium trockner Erfahrungsberichte oder ein vielleicht mit viel literarischer Fingerfertigkeit entwickelter Roman geworden, sondern eine Dystopie, die Impressionen einer Traumreise mit abstrakten Motiven beschreibt, welche einen Prozess reflektiert, der für solche Glaubenssysteme typisch ist und meiner Einsicht nach am Ende nur ein mögliches Ziel kennen kann.
Als alten Ego habe ich nicht zufällig das populäre Feindbild eines alten (im englischen trefflicher als zornig beschrieben), weißen Mannes gewählt, einem mehrdeutigen Klischee aus dem Zentrum einer identitätspolitischen Auseinandersetzung.
Beschrieben habe ich ihn aber anders als mutmaßlich erwartet wird, nämlich so wie ich die Perspektive empfunden habe, nachdem ich mich mit ihren Motiven beschäftigt und mit jenen auseinandergesetzt hatte, denen seine Prädikate angelastet werden, folglich nicht als Strohmann, sondern als pathetischen Antihelden, der überwältigt ist von den pathologischen Verwerfungen der neuen Ideologien. Diese Interpretation entspricht einer individuellen und subjektiven Einschätzung, aber der Weg, den er geht ist universell für alle, die nicht bereit sind, ihre Dogmen zu hinterfragen und individuelle Verantwortung zu übernehmen.