Die #Clownwelt ist kein simpler Vergleich, kein Sinnbild, keine Allegorie. Sie ist eine Erfahrung, ein Symbol, eine archetypische Vision der Endzeit derer, die ihr Bewusstsein pflegen und mit der wir eins werden müssen, wenn wir uns nicht wehren

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Marc Aurel: Selbstbetrachtungen

  Beim Lesen kam mir zu Bewusstsein wie sehr wir überhaupt Verständnis dafür verloren haben, was Tugenden sind. „Gutes tun kann so einfach sein“ ist der Werbeslogan unserer Zeit und könnte falscher nicht sein.
Marc Aurel beschreibt in seinen Selbstbetrachtungen, was Tugend nach stoischer Definition wirklich ausmacht und wie man sein Verhalten und seine Einstellung auf vorbildliche Weise ausrichtet, wobei vor Allem Zweiteres das Entscheidende an seiner Philosophie ist und Ersteres nach sich zieht.
Dabei fand ich sehr zuträglich, wie im Stoizismus Vernunft definiert ist. Denn heute halten wir uns gerne an die Definition der Aufklärung, die mindestens kalt, zynisch betrachtet sogar nihilistisch wirken kann. Daher gefällt mir die stoische Definition (Logos), die ich mir aneignen will viel besser, weil sie eine pantheistische Färbung aufweist und sich nicht von Gott emanzipieren braucht.
Sprachlich war es nicht immer ganz flüssig lesbar, obwohl die Übersetzung nicht schlecht gelungen und modern formuliert ist. Philosophie, die fast 2000 Jahre alt ist lässt sich aber kaum besser verarbeiten. Und es lohnt sich für alle, die den Stoizismus kennen lernen wollen, der eine stabile Sicht auf die Dinge bereit hält.
Das Buch ist ein universeller Klassiker, der sich durch seine Zeitlosigkeit auszeichnet.



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Joseph Campbell: Lebendiger Mythos

Dieses Buch gibt nicht nur einen guten Einblick darüber, wie die Mythen die Kultur beeinflussen und ein Abbild archetypischer Motive sind, so wie es auch vergleichbare Werke tun. Es bezieht darüber hinaus in fundierter Weise eine große Vielfalt an Mythen der Weltkulturgeschichte mit ein und zeigt auf, wo Gemeinsamkeiten und Unterschiede existieren. Dabei werden neben den kulturellen auch tiefenpsychologische Aspekte in die Betrachtung mit einbezogen. Die interdisziplinäre Betrachtung des Autors eröffnet eine besondere Perspektive und reflektiert sein Lebenswerk.
Besonders gut gefallen hat mir das Kapitel über Schizophrenie, in denen das Kontinuum von Visionen und Mythen aufgezeigt und deutlich wird, wie Schicksale vom Individuum bis zur Zivilisation von Trauma und Rausch beeinflusst werden können.


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Kurt Flasch: Das Buch der 24 Philosophen

Das Buch der 24 Philosophen ist ein historisches Dokument, welches nicht in seine Zeit passt. Der Text wird dem antiken Autor Hermes Trismegistos, von Kurt Flasch selbst aber dem 12. Jahrhundert zugeordnet. Das Konzept vom Nichtwissen Gottes erinnert an fernöstliche Prinzipien des Tao. Die Idee einer pantheistischen Konzeption verwirft der Autor nach einer Analyse, der ich nicht vollständig folgen konnte oder wollte. Die 24 Thesen sind äußerst faszinierend, denn sie versuchen durch geometrische Parabeln zu ertasten, was eigentlich mit Worten nicht mehr zu erreichen ist und kreieren dabei unterschiedliche Ansätze, die sich der gemeinsamen Idee, Flasch beruft sich hier oft auf den „ersten Grund“, auf unterschiedlichen Wegen zu nähern suchen. Dabei entsteht eine Vorstellung, die eben nicht religiös, sondern philosophisch ist und daher auch retrospektiv betrachtet nicht Gefahr läuft einen unaufgeklärten oder ideologischen Eindruck zu machen [vor dem Hintergrund freilich, dass beide Konzepte erst viele Hundert Jahre später entwickelt werden], was für das von christlichen Dogmen beherrschte Mittelalter sehr unüblich ist. Daher war es seinerzeit offenbar nicht ganz ungefährlich sich dem Text zu nähern, denn wer bei der Interpretation nicht auf die Political Correctness der damaligen Zeit achtete landete schnell auf dem Scheiterhaufen.

 

Durch seinen Kommentar mach Kurt Flasch den Text besser greifbar, indem er ihm einen Kontext gibt, vor dem er ihn interpretiert. Vieles ist eine Deutungsfrage, was mit der Abstraktheit der betrachteten Materie zu tun hat, aber in jedem Fall bringt er damit wertvolle Expertise ins Spiel, die er durch sein Fachgebiet wohl vorweisen kann. Für mich als fachfremden Leser jedenfalls war das Werk an vielen Stellen besser zugänglich und die Ideen dahinter konnten einen bleibenden Eindruck hinterlassen, obwohl ich einige Kommentare nicht verstanden habe.

 

 


Erich Fromm: Ihr werdet sein wie Gott

Dieses Werk enthält eine Analyse profilierender Elemente des alten Testaments und stellenweise auch des Talmuds. Klingt trocken? Ist es aber nicht, oder zumindest größtenteils nicht. Denn das Buch bietet neben einem provokanten Titel eine interessante Perspektive. Erich Fromm ist schließlich kein Theologe, sondern Psychoanalytiker und selbsterklärter Atheist und Jude, dessen Weltsicht durch einen tiefgehenden Austausch mit Rabbis unterschiedlicher humanistischer Prägungen geformt wurde, was eine interessante Betrachtung verspricht und auch einhält. Allerdings ist der Autor auch Mitglied der Gründerväter der Frankfurter Schule, die das Fundament neulinker Ideologien geschaffen hat und deren Pathologien (z.B. Gutheißung von Sozialismus und ein falsch verstandener Begriff von Nächstenliebe) sich in Teilen des Texts durchaus auch niederschlagen. Ich kann dieses Buch dennoch auch Skeptikern empfehlen, da es mit der Bibelanalyse wesentliche Kernelemente der abendländischen Kultur erfasst und in jedem Fall Denkanstöße liefert, die zum Verständnis der Texte grundsätzlich beitragen. Besonders ausführlich fällt die Betrachtung auf den Mythos des Propheten Moses. Das letzte Kapitel über Psalmen fand ich etwas mühselig. Trotz der unerschöpflichen Materie hat das Buch insgesamt eine kompakte Form und ist angenehm zu lesen.


Erich Fromm : Psychoanalyse und Religion

Noch ein Buch über Psychoanalyse. Das geht natürlich wenig überraschend nicht ganz ohne klassisch Freudsche Komplexe abzutasten. Auch Fallbeispiele aus der Praxis, ganz im Stil von C.G. Jung dürfen nicht fehlen. Erich Fromm bezieht sich explizit auf die beiden Autoren. Die direkte Kritik an der Lehre Jungs fällt währenddessen äußerst harsch aus. Wenn er sich da mal nicht selbst überschätzt. Viel interessanter jedenfalls gestaltet sich die Beschreibung der Rolle des Herdentriebes und der Rationalisierungen bei der Entwicklung von Glaubenssystemen, die dabei relativ simplistisch in autoritär und humanistisch differenziert und zu ergründen versucht werden. Dabei entsteht auf vergleichsweise wenigen Zeilen viel Erkenntniswert – angenehm zu lesen, kompakt und prägnant.


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OSHO: Liebe, Freiheit, Alleinsein

Eine Gewisse Weisheit kann man Osho sicherlich nicht abstreiten. Dennoch hat mich dieses Buch im Vergleich zu Werken anderer spiritueller Autoren wenig überzeugen können. Die stellenweise weltfremde Perspektive kann man dabei noch als legitim ansehen. Es handelt sich schließlich um einen spirituellen Diskurs. Doch vieles was der Autor als Erkenntnis präsentiert erscheint bei genauerer Betrachtung eher ein Bewältigungsmechanismus oder fragwürdig zusammengereimt zu sein. So scheint auch seine offene Verachtung gegenüber bewährten, funktionalen Institutionen mehr von Bitterkeit als von Aufklärung motiviert. Natürlich kann und muss man die Institutionen in Frage stellen und kritisieren. Osho aber tut dies in einer arroganten und hochmütigen Art, die ihm weder gut steht noch einer wirklich konstruktiven Auseinandersetzung dienen kann. Im Kapitel tabula rasa erklärt er ein typisch postmodernes Menschenbild, das jede Art von Determinismus beim Menschen leugnet. Damit einher gehen auch typische Pathologien dieser Epoche, die er reproduziert, was sich beispielsweise in dem Kapitel "Das Ende der Familie" zeigt, das eine Art Abgesang darstellt und wo er der klassischen ideologischen Illusion vom Motiv des "Neuen Menschen" anheimfällt. Auch ist sein Freiheitsbegriff aus meiner Sicht wenig tiefgründig und dysfunktional, was ich zusammenfassend mal so ausdrücken möchte: Nietzsches Zarathustra würde ihn zum Teufel jagen.

Fazit: ich hatte nicht geplant, meine Kritik derart vernichtend ausfallen zu lassen, aber es ist irgendwie passiert. Vielleicht liegt es an den hohen Ansprüchen durch vergleichbare Lektüren, die extrem hohe Standards setzen. Eigentlich hätte ich das Buch eher als durchschnittlich beschrieben. Für spirituelle Entwicklung und Entwicklung der Persönlichkeit empfehle ich alternativ Bücher von Ayya Khema, Byron Katie oder Jorge Bucay (je nach Schwerpunkt).

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Stefan Seckinger: Schöpfung, Paradies und Sündenfall

John Milton veröffentlichte im Jahre 1667 sein episches Gedicht, das schon seinerzeit sprachlich sehr anspruchsvoll war, da es strikt aus Blankversen konstruiert und zudem in langen, ungewöhnlich gebauten Sätzen konstruiert war. Dies führte dazu, dass sich seither interessierte, sei es aus linguistischen, politischen, religiösen oder mythologischen Interessen die Zähne daran ausbeißen und nicht selten von ihrer Lektüre wieder ablassen. Ich wage sogar zu behaupten, dass in der Moderne zunehmend kaum noch jemand jenseits des akademischen Betriebes dazu bereit war sich durch das gesamte Werk aufgrund seines epischen Inhalts – und es lohnt sich – durchzukämpfen.

Dennoch ist das Werk ein über seine Zeit weit bekannter Klassiker der abendländischen Literatur geworden, dessen zeitlose Motive die Grundlagen christlicher Eschatologie widerspiegeln und somit einen prägenden Teil westlicher Kultur reflektieren, was dazu geführt hat, dass Motive und Zitate (z.B. „Es ist besser in der Hölle zu herrschen, als im Himmel zu dienen“ als popkulturelle Elemente etabliert und in zahlreichen Filmen, Spielen und Büchern reproduziert wurden.

Stefan Seckinger bringt in diesem Werk die Geschichte der Schöpfung und der gefallenen Engel in eine einfache und schlichte Form, die sich auf das Wesentliche konzentriert und dabei kaum noch Barrieren bietet. Das Buch ist daher ein Geheimtipp für alle, die sich mit dem Inhalt vertraut machen wollen, ohne zu tief in die Materie einzusteigen, ist aber auch als Zusatz für eine ausführlichere Betrachtung nicht völlig unnütz. Als Wehrmutstropfen bleibt dann allerdings, dass wertvolle Details für weiterführende Interpretationen auf der Strecke bleiben, für die das Originalwerk unerlässlich bleibt.

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