Die #Clownwelt ist kein simpler Vergleich, kein Sinnbild, keine Allegorie. Sie ist eine Erfahrung, ein Symbol, eine archetypische Vision der Endzeit derer, die ihr Bewusstsein pflegen und mit der wir eins werden müssen, wenn wir uns nicht wehren


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Hendrik Bolz: Nullerjahre

Wenn man dieses Buch mit einem einzigen Wort beschreiben wollte, dann wäre es wohl „Realness“. Mit ‚Nullerjahre‘ liefert Hendrik Bolz Erfahrungsberichte einer verlorenen Generation mit autobiografischem Hintergrund, die literarisch und stilistisch so aufbereitet sind, dass man sie fühlen kann und schafft dabei ein Werk, dass meiner Ansicht nach eines der besten Veröffentlichungen moderner Literatur überhaupt geworden ist. Auch wer, wie ich im Westen der Republik aufgewachsen ist kennt genau seine Pappenheimer und die Drogenexzesse, auch wenn es hier weniger Gewalt und keine offen aktive Neonaziszene gab. Bolz bringt genau die Essenz dieser Zeit, dieser Leute und dieser Pathologie zu Blatt und es wirkt absolut mühelos. Ein epischer Beitrag, für alle, die sich an den Flair der Brennpunkte erinnern wollen, der auch die Jugendkultur insgesamt geprägt hat.
Der Autor versucht sich auch als Rapper, aber ich finde er sollte lieber Bücher schreiben.


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 Noam Chomsky: Manufacturing Consent

Propaganda, so Chomsky, entsteht durch Filtermechanismen, die Schwerpunkte dessen, was gesendet wird und wie es betrachtet wird festlegen und einen unüberwindbaren Rahmen für die Inhalte und einen Meinungskorridor festlegen. Alle beteiligten sind daraufhin dazu gezwungen, sich diesen Mechanismen, die explizit keinen konspirativen Hintergrund haben, anzupassen um marktfähig zu sein. So weit, so offenkundig. Die vorgestellten Mechanismen drehen sich fast alle mehr oder weniger um Einfluss durch Kapital und Macht, was wenig überraschen kann und keinen wirklichen Erkenntnisgewinn bereithält.

Letztlich habe ich das Lesen nach dem ersten Kapitel abgebrochen, da der Text selbst mit einem offenen linken Bias durchdrungen ist, der phasenweise sehr pamphletartig ist, auf altlinke Motive wie den Klassenkampf und Antikapitalismus fixiert bleibt und auch sehr apologetisch in diese Richtung wirkt. Das ist nicht unbedingt grundsätzlich uninteressant, aber die Perspektive wirkt in diesem Fall schon sehr auf der Strecke geblieben. Dazu ist der Text mit Informationen überladen, die das Buch aufblähen ohne etwas zu den Pointen beizusteuern, was das Lesen sehr mühselig macht.

 

Ich kann dieses Buch nicht empfehlen, da es selbst einer recht einseitigen Perspektive folgt, genau wie es den Massenmedien ja, wie wohl weitläufig offenkundig, vorgeworfen wird. Dabei sind auch die gewählten Beispiele wenig aktuell und wirken willkürlich gewählt, dienen aber vermutlich dem eigenen Weltbild des Autors.

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 Theodor Fuchs: Vom Götterstreit zum Kampf der Ideologien

"Diese Buch hat in erster Linie nicht Kriegs- oder Militärgeschichte zum Inhalt"... Mit diesen Worten beginnt das knapp 500 Seiten starke Werk von Theodor Fuchs. Leider wurden meine Erwartungen, mehr über hintergründige Glaubenssysteme und die systematischen Entwicklungen, die dazu führten, wie sich Kriege im Hinblick auf ideologische Muster ergaben und welche Dynamiken dahinterstanden nur unzureichend erfüllt. Zu häufig verliert sich der Autor entgegen seiner Beteuerung in historischen Abhandlungen und detaillierten Beschreibungen über Personen, Taktiken und Strategien.

 

Ich kann dieses Buch, wenn überhaupt als historisches Buch empfehlen, was nicht meinem Ansinnen entsprach, daher auch die ungnädige Bewertung. Für eine politische Betrachtung des Zeitgeschehens eignen sich andere Werke weitaus besser.

 

 



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 Elena Gorokhova: Goodbye Leningrad

„Goodbye Leningrad“ ist ein autobiografischer Roman und als Coming of Age über zwei Generationen hinweg erzählt. Auf diesem Weg offenbart Elena Gorokhova nicht nur sehr gelungen ihre persönliche Geschichte (und die ihrer Mutter), sondern zeichnet darüber hinaus die dystopischen Züge der gesellschaftlichen Realität im Zuge der stalinistischen Diktatur aus einer unschuldigen Perspektive, die einen wertvollen Einblick in eine zynische Gesellschaft bietet. Auf diese Weise wir auch die Ideologie in ihren Grundzügen entblößt und eine besseres Verständnis für die Inszenierung Russlands als Widersacher der Westens, die bis heute die Politik prägt, ermöglicht.

 

Diese Buch hat mich überzeugt, obwohl ich normalerweise ausschweifenden Romanen gegenüber skeptisch bin, da es Authentizität offeriert und einen hohen Erkenntniswert hat.

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Melzer Verlag: Hitler in der Karikatur der Welt (1924 -1934)

In diesem Buch stehen die zynisch selbsterfüllenden Prophezeiungen in Form von zeitgenössischen Karikaturen den ideologischen und demagogischen Leugnungen aus dem dritten Reich gegenüber und geben interessante Einblicke in die verschrobenen Sichtweisen der damaligen Zeit. Dokumente dieser Art wirken zunächst wie marginale Ausschnitte, tragen aber durchaus zum besseren Verständnis der Geschichte des 20. Jahrhunderts bei.




C.J. Hopkins: The Extremists

„It’s just entertainment. I mean, where did we ever get this idea that we could somehow change the world? Or that it even needs changing?“

Hopkins Werk ist eine exzellente, kryptische Parabel über Politik und Macht, über Framing und Sprache und über Extremismus und den Hochmut westlicher Weltanschauungen, die menschliche Züge bis hin zur Sinnesfrage offenlegt und am Ende gekonnt alles in Frage stellt.

Der Text ist dabei ein Spiel mit der Ungreifbarkeit von gerade den Begrifflichkeiten die so fundamental erscheinen (Freiheit, Gerechtigkeit) und unterschiedlichen Konzeptionen der Realität.

Der Vitruvianische Frosch auf dem Cover war ein zertifizierter Kek-Moment.

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 Gunnar Kaiser: Der Kult

Erkenntnisreiche Lektüre: Gunnar Kaiser ist mir bisher als Youtuber bekannt und ich habe mit „Der Kult“ jetzt erstmals ein Buch von ihm gelesen. Sprachlich und formal handelt es sich um einen Intellektuellenporno – geliefert, wie bestellt.
Auch inhaltlich hat mich das Buch sehr überzeugt. Ich halte den Autor durchaus für einen großen Denker unserer Zeit. Anhand anschaulicher Ausführungen, die trotz des hohen Sprachniveaus meines Ermessens nach sehr zugänglich und verständlich gestaltet sind, zeigt er die gesellschaftlichen Pathologien (ich würde sie als typisch postmodern beschreiben) und Muster auf, die zu einer neuen Art von Autoritarismus führen, der von technokratischen Tendenzen bestimmt wird und totalitäre Schreckensszenarien vorzeichnet, in der „die Wissenschaft“ zum Götzen und die Technologie zur neuen Autorität erhoben wird. Dazu fällt mir das berühmte Zitat ein „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“

Als prägnante Beispiele wählt Kaiser nicht zufällig die Entwicklungen und damit zusammenhängenden staatlichen und gesellschaftlichen Machtgebaren, die während der Coronapandemie zutage traten und sicher vielen die Augen geöffnet hatten. Die bieten sich zwar an, weil sie Steilvorlagen liefern, schrecken aber andererseits auch Leser ab, die ein zu hohes Maß an Erkenntnisangst an den Tag legen. Schließlich sind die dargestellten Einsichten weitgehend allgemeingültig und können daher auch vielseitiger oder mit anderen Schwerpunkten vermittelt werden.
Nachtrag zum Vorwurf der Einseitigkeit: Gunnar Kaiser ist politisch nicht neutral und seine Ansichten sind offenkundig libertär geprägt, was man durchaus kritisch sehen kann. Eine einseitige (demzufolge ideologische) Betrachtung schwächt seine Ausführungen jedoch nicht ab, verlangt dem Leser jedoch zusätzliches Reflexionsvermögen ab, welches im Anbetracht des intellektuellen Anspruchs ohnehin gegeben sein sollte.

 

 

Susanne Kaiser: Politische Männlichkeit

Toxische Lektüre: Die Betrachtung von Ideologen aus dem jeweils entgegengesetzten politischen Lager folgt auch in diesem Buch einem bekannten Muster. Bereits am verwendeten Vokabular erkennt man schnell, wessen Geistes Kind die Autorin ist. Im Zentrum steht, wie für radikale Kräfte üblich die Konstruktion des Feindbildes, so wie es hier beim politischen Gegner (korrekterweise) beobachtet wird, was an die biblische Parabel vom Splitter im Auge des Bruders erinnert (Bergpredigt). So stellt Susanne Kaiser zahlreiche, zum größten Teil sauber recherchierte Fakten und gemachte Beobachtungen in den Dienst ihrer eigenen Ideologie, was einen echten Erkenntnisgewinn auf Kosten der entsprechenden Doktrin verhindert, zu chronischen Fehlschlüssen und Unterstellungen führt und eigentlich der Abschottung des eigenen Weltbildes dient. Ausgangspunkt der entsprechenden Dystopie ist in diesem Fall das Image des sogenannten Incels, eines von Frauenhass getriebenen Psychokillers; eine Vorstellung, die der Kommunikation in entsprechenden Kreisen folgend nicht abwegig erscheint und sich, wie in den Bekennerschreiben zu verschiedenen Terrorakten dargelegt, bereits erwiesen hat. Von diesem Anker ausgehend wird schließlich in gewohnter Manier die entsprechende Weltverschwörung (im vorliegenden Fall das Patriarchat) aufgebaut, ganz so wie anhand der gegenseitigen Ideologie beschrieben. Ohne die Ironie zu erkennen, aber nicht ohne eine gewisse intellektuelle Raffinesse wird rasch jede Opposition, zunächst jede Art männerbezogener politischer Initiative, schließlich Staatsoberhäupter mit der „falschen“ Gesinnung, die Katholische Kirche , Intellektuelle, mit denen sie sich nicht messen kann (ob sie Jordan Peterson, der bekanntlich keine Gelegenheit auslässt, sich gegen jede Form der Identitätspolitik auszusprechen tatsächlich für einen Maskulinisten hält oder einfach eine unaufrichtige Diffamierung führt bleibt offen) und letztlich jede Instanz, die sich nicht der links-radikalfeministischen Doktrin unterwirft mit diesem Strohmann verbunden, was in seinen Grundzügen dem Algorithmus der klassischen Ideologien und damit dem moseanischen Mythos (nach Lewis S. Feuer) entspricht. Ich kann dieses Buch dennoch unter Vorbehalt empfehlen, da die Hintergrundthematik interessant ist und die linksideologische Perspektive musterbeispielhaft ausgeführt wird, was zu einem ganzheitlichen Einblick in das politische Zeitgeschehen beitragen kann, insofern man zu kritischem Denken in der Lage und dazu bereit ist, sich auch mit der Gegenperspektive auseinanderzusetzen. Ich empfehle hierzu bespielhaft die Lektüre des maskulistischen Ideologen Arne Hoffmann (z.B. Männerbeben oder aktuellere zum Themenfeld Geschlechterpolitik).


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Ronald D. Laing: Phänomenologie der Erfahrung

Das Buch beginnt mit einer düster kulturpessimistischen Einlassung, woraufhin man schnell die Lektüre wieder beiseitelegen will. Wieder ein intellektueller von der Sorte. Und so ist es. Aber Laing schlägt dabei derart über die Stränge, dass einerseits manche Ausführungen geradezu grotesk anmaßen und andererseits auch das 4D-Schach, in dem er sich verliert, sowohl sprachlich, was besonders den Einsatz von Fachtermini betrifft, als auch inhaltlich in seiner Tiefgründigkeit und inneren Logik eine gewisse Faszination und Ästhetik erzeugt. Die Erfahrung wird dabei zum Absoluten erhoben. Die Realität daneben relativiert. Dabei kann doch, um das an dieser Stelle anzumerken, eine Erfahrung nicht nur von Illusionen geprägt sein, sie kann vollständig daraus hervorgehen. Oder wie er selbst feststellt: „Man kann meinen, was jeder meint, und glauben, man befinde sich in der Minorität. Man kann meinen, was nur wenige meinen, und wähnen, man befinde sich in der Majorität." Letztlich habe ich mich gefragt, ob der Autor nicht Gefahr läuft, selbst Gegenstand seiner Betrachtungen zu werden, gerade in Anbetracht dessen, dass Schizophrenie thematisch relativ viel Raum einnimmt.

Ich komme an dieser Stelle denke ich nicht darum herum, beispielhaft ein paar besondere Highlights anzubringen:

„>Der Himmel ist blau< unterstellt: Es gibt eine Wesenheit >Himmel< und die ist >blau<. Die Sequenz Subjekt, Verbum, Objekt, in der >ist< als Kopula Himmel und blau vereint, ist ein Nexus von Lautungen, von Syntax, Zeichen und Symbolen, in den wir völlig verstrickt sind und der uns gleichzeitig trennt von dem und hinweist auf den unsagbar himmelblauen Himmel. Der Himmel ist blau; Blau ist nicht Himmel, Himmel ist nicht blau. Aber wenn wir sagen: >Der Himmel ist blau<, sagen wir: >Der Himmel< >ist<. Der Himmel existiert, und er ist blau. >Ist< dient dazu, alles zu verbinden; gleichzeitig ist >ist< nichts von dem, was es verbindet.“ (S.34 f.)

„Der Transaktion ohne Erfahrung fehlen spezifisch personalen Konnotationen. Endokrine und retikuloendotheliale Systeme transagieren. Sie sind keine Personen. Wenn man dem Menschen mithilfe von Analogien näherzukommen versucht, besteht die große Gefahr, dass Analogie zur Homologie wird. Warum tendieren fast alle Theorien über Entpersonalisierung, Reifikation, Isolierung und Verleugnung dazu, selbst die Symptome aufzuweisen, die sie zu beschreiben versuchen?“ (S.45)

Diese zwei Beispiele mögen, das muss ich zugeben, fahrlässig aus dem Zusammenhang gerissen sein, aber sie vermitteln dennoch einen Eindruck davon, was ich meine, der meiner Ansicht nach auch nicht trügt. Laing verliert sich gerne in Abstraktionen und Theorien, die, so mein Eindruck, vielleicht seinen eigenen Seelenzustand beschreiben aber nicht die Realität bzw. den Zustand selbst, also die (zumindest potentielle) Einbildung wird in einem heimtückischen Spiel gegen sich selbst zur Realität erhoben.

Der Autor weist Positivismus explizit zurück und erhebt eigene Moralvorstellung über eine neutrale Betrachtung. Bei manchen zynischen Einlassungen in dieser Richtung fällt es recht schwer, die Metaebene zu durchschauen.  Dabei bedient er sich auch relativ klischeehaft postmodernen Motiven, wie marxistischer Kapitalismuskritik aus der Mottenkiste und kulturellen Autoaggressionen, wie der Verachtung etablierter Institutionen an sich und fernab jeglicher konstruktiven Kritik, was insgesamt wenig kreativ und nicht besonders weise erscheint. Dennoch sind viele Gedanken ziemlich gut ausformuliert und bewegen sich auf einer emanzipierten Ebene, sodass die Inhalte zumindest zum Nachdenken anregen können.

Insgesamt hat mich das intellektuelle Abgewichse schon etwas geil gemacht, aber die so erzeugten Grundannahmen lassen keine Rettung zu. Ich kann dieses Buch daher eigentlich nicht empfehlen, aber weil ich auch einen an der Klatsche habe, uneigentlich doch. 3/5 – A beautiful mind.

„Ich >interiorisiere< deine und seine Synthese, du interiorisierst seine und meine, er interiorisiert meine und deine. Ich interiorisiere deine Interiorisation meiner und seiner Synthese, du interiorisierst meine Interiorisation deiner und seiner Synthese. Weiter interiorisiert er meine Interiorisation seiner und deiner Synthese – eine logisch eingehende Spirale reziproker Perspektiven ad infinitum“ [sic]. Ergänzung in Gedenken an Marcel Reich-Ranicki: Warum interiorisiert er nicht mit ihr?

 

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Peter Sloterdijk: Die Verachtung der Massen

Laut Wikipedia lehrte Sloterdijk bis 2017 Philosophie und Ästhetik in Karlsruhe. Zweitere war mir als akademische Disziplin bisher unbekannt, aber zur Beschreibung seines Ausdrucks scheint sie in gewisser Weise geeignet. Gut gefallen hat mir auch die emanzipierte Perspektive, die einen gewissen metapolitischen Erkenntnisgewinn bereithält und es schafft sich dabei glaubhaft im Bezug zum Betrachteten Subjekt zu präsentieren. Das ein oder andere Schmankerl ist hierin auch zu finden.

 

Schwer getan habe ich mich hingegen mit dem Begreifen des eigentlichen Motives und der Erfassung von Kernaussagen. Zu häufige Sprünge und viele eher kryptische Andeutungen, die zu oft ins Vage führen, bringen mich dazu, dass ich den Text stellenweise mehr fühlen als begreifen muss. Eine lose Zusammentragung verschiedener Beschreibungen mit Bezug zum Motiv machen es schwer einen roten Faden zu finden. Darüber hinaus ist der Text terminologisch sehr anspruchsvoll. Es geht zwar irgendwie um Verachtung, Massenphänomenologie und moderne Kulturkämpfe, aber was die zentralen Thesen, falls überhaupt vorhanden sind blieb mir bis zum Schluss irgendwie schleierhaft, was vielleicht auch an der Sprache und dem akademischen Anspruch liegen kann.

Erst im letzten Teil des Buches kommt der Autor mit einer Analyse des postmodernen Schwachsinns der uns umgibt schließlich zu einem recht begreiflichen Punkt. Die Umdeutung vertikaler in horizontale Unterschiede, oder anders formuliert die Leugnung der Unterschiede zwischen Menschen in ihren Grundvoraussetzungen und die Auswirkungen auf Philosophie und Kunst. Dabei bezieht er sich explizit auf die Gründer der Frankfurter Schule.

Im gesamten Scriptum bezieht Sloterdijk sich immer wieder auf zahlreiche Intellektuelle Größen, mehrfach z.B. auf Hegel, dessen Werk mir gänzlich unbekannt ist. Ist dieses Buch vielleicht nur Philosophen im akademischen Sinne zugänglich? Mich jedenfalls lässt es etwas ratlos zurück, aber immerhin war es interessant und literarisch ansprechend genug, um es auch als Philosophielaie ganz bis zum Ende zu lesen.


 

 

Alexander Solschenizyn: Der Archipel Gulag

Zynismus. Dieses Wort kam mir letztlich als konzentrierteste und trefflichste Beschreibung der Ausführungen über den Archipel Gulag und das System, welches so ein Monster schafft, in den Sinn.

Auf immer noch knapp über 500 Seiten berichtet Alexander Solschenizyn in dieser bereits gekürzten Ausgabe sowohl als Zeitzeuge, als auch als Dokumentator zahlreicher Recherchen und Berichte über die furchtbaren Schrecken, die Totalitarismus und Kollektivismus im Kommunismus vereinen und in der Sowjetunion, besonders in den Arbeitslagern eine besonders grausame Ausprägung fanden. Die hautnahe Perspektive verlässt er dabei nicht und hebt sich somit mit diesem Werk von anderen Veröffentlichungen deutlich ab.


Dieses Werk ist v.a. begleitend zu sachlich-historischen und ideologischen Abhandlungen besonders wertvoll, um die Ausmaße und Folgen des Stalinismus auf die Seele Osteuropas und seine Völker besser verstehen zu können.

„All jenen gewidmet, die nicht genug Leben hatten, um dies zu erzählen…“ – A. Solschenizyn


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Dr.Dr. Florian Willet erklärt weibliche Verhaltensökonomie

Polemik verspricht der Autor zu Beginn seiner Ausführungen und bleibt diesem Vorsatz treu. Durch die dargestellte Perspektive und den biologistischen Hintergrund muss das Buch der maskulistischen Ideologie zugeordnet werden, wodurch sich die Inhalte auch nicht entsprechender Ressentiments erwehren können. Dabei sind die Grundlagen der angeführten Argumente jedoch fundiert recherchiert und Thesen werden messerscharf vorgetragen. Es lohnt sich also durchaus genauer hinzuschauen. Unter diesen Prämissen gelingt es Dr. Dr. Florian Willet anhand von zahlreichen bildsprachlichen Mitteln Unterschiede zwischen den Geschlechtern anschaulich darzustellen, vor Allem in verhaltensökonomiescher Hinsicht

Ich empfehle diese Buch als Ergänzung für einen ganzheitlichen Blick auf die Geschlechterpolitik und sämtliche gesellschaftliche Auseinandersetzungen die im aktuellen Kulturkonflikt damit zusammenhängen. Es stellt ein Gegengewicht zu den im Mainstream im- und explizit vermittelten feministischen Inhalten, die nicht weniger einseitig und wenn man so möchte toxisch, dafür aber eben politisch Korrekt auftreten, dar.


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Slavoj Žižek über das Kommunistische Manifest

„Die verspätete Aktualität des kommunistischen Manifests“ findet man als weiteren Untertitel, sobald man das Buch dann aufgeschlagen hat. Das weckt etwas die gruselige Erwartung der Verteidigung einer toten Ideologie, deren Prämissen sowohl theoretisch als auch empirisch lange widerlegt sind. Der Autor aber macht keine langen Umschweife, problematische Kernelemente zu analysieren und zu entblößen und positioniert sich zunächst kritisch gegenüber Ideologien im Allgemeinen, was schon einmal etwas Vernunft verspricht. Allerdings hält er auch an einem pathologischen Zug der Ideologien fest: der Utopie. Er stellt sie als destruktives Element in Frage und erklärt die Antiideologie zur Ideologie, was sie vielleicht auch sein kann?! Jedenfalls läuft es auf die Idee hinaus, dass ein radikaler Wandel nicht ideologisch antiideologisch zurückzuweisen sei. Einen solchen kann man aber nur als erstrebenswert ansehen, wenn man eine pessimistische Sicht auf den Status quo vertritt und selbst ein Zyniker ist, wie er es Skeptikern bzw. Antiideologischen Ideologen (?) – nämlich denen, die eine pessimistische Perspektive auf das Element der Ideologie vertreten, was sich historisch wohl deutlich besser anhand der Erfahrungen vertreten lässt, als die theoretische Vorstellung es ginge doch anders – unterstellt.

Beim Lesen wird man das Gefühl nicht los, er versuche durch Cherry Picking irgendwie etwas am verrotteten marxistischen Fundament zu retten, um nicht jeglichem sozialistischen Weltbild die Grundlage zu entziehen. Aber es gibt nichts zu retten. Da hilft auch keine noch so großzügig Deutung ausgewählter Passagen. Dabei schwafelt er oft recht viel ohne wirklich erkennbare Pointe, während er sich bei manchen Themen um Trivialitäten dreht und bei anderen Themen wohl versucht der Dresche aus dem Weg zu gehen, die der versuchten Neudeutung bei zu deutlichem Ausdruck ebenfalls droht.

Seine eigene Kapitalismuskritik wirkt letztlich neben den beispiellosen Errungenschaften und Freiheiten, die das System hervorgebracht hat, wie ein pathetischer Trotzanfall, der immerzu derselben linken Leier von angeblicher Ausbeutung und Unterdrückung folgt, aber selbst ohne ideologische Einseitigkeit nicht aufrecht erhalten werden kann. Auch bei den Bezügen auf Hegel entsteht der Eindruck, er nutze ihn als Cope um sich selbst zu gaslighten, um wiederum ein linkes Weltbild aufrecht erhalten zu können. Oder Hegel war tatsächlich so ein Schwurbler, was ich leider nicht beurteilen kann.

Im hinteren Teil des Buches folgt der Originaltext. Die Vorreden der verschiedenen Ausgaben scheinen recht überflüssig. Der Text selbst ist das, was man erwartet und zeigt recht gut, dass Gewalt und Wahnhaftigkeit den Ideen von Anbeginn inhärent waren und es nicht erst eines Lenins oder gar Stalins bedarf, um dystopische Zustände herbeizuführen. „Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung.“ (S.145) Dazu kommt mir das milton’sche Zitat in den Sinn: „Besser ist es, in der Hölle zu herrschen, als im Himmel dienen."

An welcher Stelle sich letztlich eine angebliche Aktualität konkret ableiten lässt bleibt schleierhaft.Letztendlich liefert dieses Buch keinen ausreichenden Erkenntnisgewinn. Es wird weder eine vernünftige Sichtweiße klar herausgearbeitet, noch eine neue Sichtweise als unvernünftig entblößt. Dafür wird in dem ohnehin schon nicht besonders umfangreichen Werk viel darum herum geschrieben. Daher rate ich vom Lesen ab. Es ist davon auszugehen, dass bessere kritische Literatur zum Thema, auch aus linker Perspektive zu finden ist.